Wiesenbewässerung und Hochwasserschutz |
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Der Oberrheingraben und die östliche Randsenke
Der Grabenbruch des Oberrheingrabens bildete sich vor 40 bis 25 Mio. Jahren, lange bevor der Rhein vor 2 Mio. Jahren in ihn hinein floss und ihn im Lauf der Zeit mit Geröll und Sand wieder aufgefüllt hat. Der Rhein floss in langgezogenen Schlingen, die ständig ihre Lage änderten und bildete so das Tiefgestade aus. Am äußeren Rand blieb eine bis zu 8 m hohe Geländekante stehen, das Hochgestade. Die Altrheinarme - Reste des seinerzeit mäandrierenden Rheins - bilden tief eingekerbte Bögen im Hochgestade. Heute fließt der korrigierte Rhein einige Kilometer vom Hochgestade entfernt in seinem modernen Bett.
Parallel zur Ausbildung des Tiefgestades im Zentrum des Rheingrabens durch den Rhein senkte sich der östliche Bereich weiter und bildete eine vom Wasser überflutete Randsenke, die als Kinzig-Murg-Rinne bezeichnet wird. Das erweckt den Eindruck, sie sei durch einen Fluss entstanden - das ist wohl aber falsch. Die Randsenke war schon dem badischen Strombaumeister Tulla vor fast 200 Jahren aufgefallen, weil sie 1-3 m tiefer liegt als die Hardtplatte nördlich von Karlsruhe. Tulla nahm an, dass die Randniederung früher von einem Ostrhein durchflossen wurde, der südlich des Kaiserstuhls abzweigte, alle östlichen Zuflüsse aufnahm und erst bei Mainz wieder in den Rhein floss.
Die Bäche aus dem Kraichgau
Bäche auf drei Ebenen
Die Bachbauphasen im Überblick
Wiesenbewässerung in der Hardt
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Die Bäche aus dem Kraichgau
Die wichtigsten Bäche aus dem Kraichgau sind die Pfinz und der Saalbach, Walzbach, Grombach, Katzbach und Kraichbach. Ursprünglich flossen diese Bäche aus dem Hügelland des Kraichgaus in die Randsenke - seinerzeit ein riesiges Sumpf- und Morastgebiet, das von Ettlingen bis nach Wiesloch reichte. Die Randsenke wurde im Frühjahr erst mit Wasser gefüllt, bevor dieses über wenige Bach-Durchbrüche durch die Hardtplatte in das Tiefgestade abfließen konnte.
Die Bäche lagerten Schwemmkegel in die Randsenke hinein ab, so dass sich im Laufe der Zeit jedes Bachsystem immer wieder seinen eigenen neuen Überlauf ins Tiefgestade suchte. Solange bis der Mensch eingriff...
Die Besiedlung
Zwischen Karlsruhe und Mannheim meiden heute die Ortschaften das Tiefgestade. Mehrere ehemalige Siedlungen im Tiefgestade wurden häufig vom Hochwasser abgeschnitten und deswegen aufgegeben, z.B. Alt-Dettenheim um 1812. Zwischen den alten Fluss-Schlingen sind aber einige höher gelegene Flächen stehen geblieben. Dort haben sich einige Dörfer gehalten, z.B. Rheinhausen, Philippsburg und Rußheim.
Mit der Besiedlung der strategisch wichtigen Verkehrsknoten am Rand des Kraichgaus war es nötig, die Randsenke zu entwässern.
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Bäche auf drei Ebenen
Im Hochmittelalter haben die ersten Bachbaumaßnahmen als Hochwasserschutz stattgefunden. Um den Wasserabzug aus der Randsenke zu beschleunigen, hob man vorhandene Bäche und Gräben aus und schuf dabei auch Dämme innerhalb der Randsenke. Das passierte ganz zwangsläufig durch das ständige Bachputzen, das nötig war, weil die Bäche aus dem Kraichgau (Lößgebiet) eine hohe Sedimentfracht mitbringen. Wenn die Bäche den Kraichgau verlassen, wird das Gefälle geringer, damit die Strömung langsamer, die Sedimente lagern sich ab. Um den Abfluss des Wassers aufrecht zu erhalten, wurden die Bäche ständig ausgehoben und der Aushub am Ufer aufgeschichtet.
Die hoch liegenden Bäche
Nach und nach wurde das Bachbett erhöht, die eingedämmten, hoch liegenden Bäche entstanden. Der Wasserspiegel der eingedämmten Bäche in der Randsenke liegt auch in normalen Zeiten 1 m über den Wiesen. Erst nach dem Durchtritt durch die Hardtplatte haben die Bäche wieder ein "normales" Aussehen, ins Gelände eingetieft.
Nun gab es kein Zurück mehr. Durch die hohe Lage der Bäche waren die Überschwemmungen verheerend. Andererseits schufen diese Maßnahmen des Hochwasserschutzes aber auch perfekte Möglichkeiten, Wasser zur Wiesenbewässerung aus den hoch liegenden Bächen auszuleiten.
Die tief liegenden Abzugsgräben
Für die Trockenlegung des Sumpfgebietes der Randsenke und den Hochwasserschutz musste man tiefer liegende Gräben und Bäche schaffen. Auch mit der Einführung der Wiesenbewässerung brauchte man tiefer liegende Abzugsgräben für das überschüssige Wasser. So entstand z.B. die tief liegende Alte Bach parallel zur hoch liegenden Heglach. Beachtlich ist, dass man es damals schaffte, Höhenunterschiede von 1-2 m über eine Entfernung von mehreren Kilometern zu vermessen.
Die großen Kanäle der Pfinz-Saalbach-Korrektur
Mit der Pfinz-Saalbach-Korrektur um 1930 schuf man u.a. den Pfinz-Entlastungskanal und den Saalbachkanal, die das Wasser möglichst schnell zum Rhein transportieren sollten. Die modernen Gräben der Pfinz-Saalbach-Korrektur liegen häufig auf einem noch tieferen Niveau. Sehr schön sieht man das am östlichen Ortsrand von Grötzingen, wo die hoch liegende Pfinz nach Süden abknickt, ein Tei ihres Wassers sich etwa 10 m tief in den Anfang des Pfinz-Entlastungskanals stürzt, und gleichzeitig auf halber Höhe der Gießbach als tief liegender Bach abzweigt.
Die Pfinz kommt von rechts (Osten) aus Grötzingen und fließt nach vorne (Süden) aus dem Bild. Links geht's runter in den Pfinz-Entlastungskanal, der hier beginnt. Hinten sieht man das kleine Einlaufgitter für den Gießbach. |
Mutig stürzt sich die Pfinz in den Pfinz-Entlastungskanal. |
Blick vom Westen auf das Bauwerk. Die Pfinz fließt oberhalb des Wasserfalls nach rechts. Man sieht, dass der Gießbach (links im Bild) deutlich höher fließt als der Pfinz-Entlastungskanal - Wasser auf drei Ebenen. |
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Praktischer Anschauungsunterricht in Leopoldshafen
In der Ortsmitte von Leopoldshafen hat Benno Treiber den Rheinlauf in einen Sandsteinblock geformt. Mit allen Rheinschleifen von Karlsruhe bis Rußheim und den Maßnahmen, die Tulla ab 1817 durchführte. Es gibt einen Wasserzulauf in den Rhein, und man kann mit der Hand das Wasser stauen und beobachten, wie die einzelnen Gebiete überschwemmt werden. |
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Die Bachbauphasen im Überblick
bis etwa 1000 n. Chr.
Entwässerung der Sümpfe und Moore: erste Regulierung als Hochwasserschutz bis etwa 1400 n. Chr.
Regelmäßiges Bachputzen, Dämme entstehen
Einführung der geregelten Wiesenwässerung
Pfinz-Saalbach-Korrektion im 20. Jahrhundert
Urkunden
Die Wiesenwässerung in Deutschland ist erstmals 1113 mit Urkunden belegt für den Südschwarzwald, 1213 für Villingen und 1220 für Freiburg. Für Hardt, Grombach und Pfinz tauchen erste Urkunden 1453 bis 1492 auf. Erste Wässerordnungen für Saalbach und Pfinz sind 1518 dokumentiert.
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Wiesenwässerung in der Hardt
Bereits im Mittelalter, als weder Stallmist noch Kunstdünger zur Verfügung standen, konnte man mit der Wiesenwässerung die Ernährungslage der Bevölkerung in der Rheinebene bedeutend verbessern. Zunächst bemerkte man rein zufällig, dass das vom Kraichgau in die Rheinebene fließende Wasser die Wiesen besser wachsen ließ. Im Laufe der Zeit entdeckten die Bauern schließlich die einzelnen Gründe für die höheren Heuerträge. Hauptsächlich waren es vier Faktoren, die sich auf das Wiesenwachstum auswirkten:
Streit ums Wasser
Früher war die Wässerung der Wiesen mit dem Wasser aus der Pfinz für die Bauern von wirtschaftlicher Bedeutung. Häufig kam es deshalb zu Streitigkeiten zwischen den Gemeinden, die die Interessen ihrer Bauern und den ebenfalls vom Bachwasser abhängigen Müllern vertraten. So wurde schließlich in Wässer- und Bachordnungen festgelegt, welche Gemeinde wann und wie lange wässern durfte.
Aus einer Akte des Wasserwirtschaftsamtes Karlsruhe geht hervor, dass die Anliegergemeinden an der Pfinz noch bis in das zwanzigste Jahrhundert hinein um das Wasser zur Wiesenwässerung gekämpft haben. Die letzte gültige Wasserordnung für die Ortsteile in Stutensee stammt aus dem Jahr 1959. In Büchig wurden noch bis 1972 Wiesen bewässert.
Hochwasserschutz
Heute hat parallel zum allgemeinen Rückgang der Wiesen auch die Wiesenwässerung ihre ursprüngliche Bedeutung verloren. Statt dessen hat man einen wichtigen Nebeneffekt der Wässerung wieder entdeckt: den Hochwasserschutz. Darüber hinaus versucht man, mit der Wässerung gefährdete Tier- und Pflanzenarten der Feucht- und Nasswiesen zu fördern.
Wehre und Schleusen - wieder entdeckte Zeugen einstiger Wiesenwässerung
Typisches Beispiel eines hoch liegenden Baches - Die Pfinz nord-östlich von Liedolsheim. |
Spärliche Reste eines Wehres und alter Wässergräben in den Wiesen südlich von Friedrichstal. |
Schönes Beispiel eines intakten Wehres am Gießbach bei Grötzingen. |
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Seit etwa 1990 hat die Stadt Stutensee noch vorhandene, aber nicht mehr genutzte Bauwerke zur Be- und Entwässerung der Wiesen entlang der Pfinz und der Alte Bach erfasst und teilweise wieder instand gesetzt. Im Winter 1992/1993 wurden auf einer Wiesenfläche östlich von Büchig einige hundert Meter Graben, eine Schleuse und die im Graben eingebauten Stellfallen hergerichtet. 1994 hat die Stadt ein Schleusenbauwerk renoviert, mit dem Wasser aus der Pfinz in die Wiesen beim Schloss Stutensee geleitet werden kann. Im Rahmen der Biotopvernetzung Stutensee erfolgte schließlich Ende 1995 der Ausbau eines ehemaligen Wässergrabens zwischen Pfinz und Alte Bach südlich des Schulzentrums in Blankenloch.
Ziel dieser Aktivitäten ist der schrittweise Ausbau geeigneter Gemarkungsflächen für einen ökologischen Hochwasserschutz. Der Gemeinde Stutensee kommt für dieses Projekt Vorbildfunktion im Landkreis Karlsruhe zu.
Quelle: Hasseler, Dieter: Wässerwiesen, Karlsruhe 1995 und Hinweistafeln am Gewässer-Lehrpfad Stutensee.
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